Dienstag, 8. Dezember 2009

Von Jugos, Machos und Anian

Was an dieser Stelle schon vor Monaten aufgegriffen wurde, hat es mittlerweile Prominent in die Presse geschafft. Ein Luzerner Jungpolitiker hat vor einiger Zeit einen Musterbrief erstellt, welchen der besorgte Bürger, ergänzt mit Datum und Namen, der jeweils zuständigen Behörde zukommen lassen kann zwecks Verhinderung von Einbürgerungen. Praktischerweise sind die Gründe, die dagegen sprechen, in dem Schreiben schon aufgeführt, ebenfalls wird der Tatsache Rechnung getragen, dass sämtliche Gemeinden der Schweiz grundsätzlich nur Menschen aus den Staaten des ehemaligen Jugoslawien einbürgern wollen, was per sei eine Schweinerei darstellt.

Dies offenbart eine gefährliche Denkweise: Aufgrund eines irrelevanten Kriteriums (Staatsangehörigkeit eines Einbürgerungskandidaten) werden bestimmten Personen Eigenschaften zugedacht, welche man allen Menschen, welche dieses Kriterium erfüllt, zuschreibt. Eine solche Denkweise ist rassistisch. Dass der Brief lediglich "eine Hilfestellung zum Verfassen einer Eingabe für Leute, die im Umgang mit Behörden nicht geübt sind" handle (Andreas Glarner, Fraktionspräsident der SVP im Aargau, anonymer Verfasser von übelsten Inseraten), macht die Sache nicht besser. Wer nicht in der Lage ist, eine Eingabe an eine Kommunale Behörde zu formulieren, dem fehlen entweder die staatskundlichen oder sprachlichen Grundkenntnisse, die es für das ausüben der Bürgerpflichten eigentlich brauchen würde.

Bedenklich auch die Tatsache, dass die stolzen Schweizer sich nicht einmal getrauen, für Ihre menschenverachtenden Überzeugungen einzustehen, wird doch darauf bestanden, dass der Name des Verfassers den Mitgliedern der Einbürgerungskommision nicht genannt wird. Weshalb denn nicht? Scham? Angst davor, die eigene Meinung begründen zu müssen? Beides würde eher dafür sprechen, derartige Eingaben nicht zu machen.

Dies alles wäre keine wirklich einzigartige Haltung eines Politikers der Jungen SVP. Doch die Kreise, welche dieser Brief mittlerweile gezogen hat, stimmen noch nachdenklicher. Denn das "Parteiunabhängige Informationskomitee", bestehend vorwiegend aus Mitgliedern der SVP und der FDP, empfiehlt das Schreiben neuerdings auf seiner Homepage. Vizepräsident (wie gewohnt einer von zahlreichen, es waren bis vor einigen Minuten noch 5) der Organisation war der erste Staatsanwalt des Kantons Aargau. Der hat von der Aktion mit dem Brief nichts gewusst (was der Präsident abstreitet) und ist per sofort von seinem Amt als Vizepräsident zurückgetreten. Er wäre besser als Staatsanwalt zurückgetreten. Nicht wegen seiner politischen Einstellung. Aber einerseits sollte er aufgrund seines Berufes Wissen, dass es nicht schlau ist, der Veröffentlichung von irgendwas zuzustimmen, ohne sich des Inhalts der Veröffentlichung gewahr zu sein (was nach Aussage des betroffenen der Fall gewesen sein soll). Andererseits, sollte er diesen Brief als gute Idee verstehen, macht mir ein Staatsanwalt mit einem derartigen rechtsverständnis und menschenbild Angst.

1 Kommentar:

  1. 1. Könnte es sein, dass die Leute, die solche Briefe einreichen Angst davor haben, von den dann frustrierten Ausländern verprügelt zu werden? Denn offiziell wird nur solchen Ausländern die Einbürgerung abgelehnt, oder?
    2. Kann es sein, dass Kriege, Armut o.Ä. Menschen negativ prägen? Wenn bisher meine einzige Überlebenschance zu stehlen war, werde ich in der Schweiz meine Arbeitseinstellung -natürlich- ändern?

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