Sonntag, 2. Dezember 2012

Ist denn das so schwierig?

Seit 20 Jahren geht das so, seit 20 Jahren rege ich mich darüber auf, seit 20 Jahren helfen alle diesbezüglichen Hinweise nichts: Die Schweiz hat nie ein Beitrittsgesuch zur Europäischen Union gestellt. Daran ändern weder die lustigen Lieder des Gesangslehrers der Nation, regelmässige Vorstösse im Parlament oder mittlerweile wohl hunderte von Zeitungsartikeln nichts.




Nochmals, zum mitschreiben: Die Schweiz hat im Mai 1992 formell bei der EWG, wie die EU damals noch hiess, ein Gesuch um die Aufnahme von Betrittsverhandlungen eingereicht. Das ist zwar in Französisch abgefasst aber sogar mit den Überresten meines bescheidenen Schulfranzösisch durchaus verständlich.Wäre dieses Gesuch weiter behandelt worden, hätten die Schweiz und die EU Verhandlungen über einen möglichen Beitritt aufgenommen. Solche Prozesse können Jahre, wenn nicht Jahrzehnte dauern. Und am Ende der Verhandlungen kann jede Seite das Resultat annehmen oder ablehnen. Und ob man dem, wo der Bilaterale Weg schlussendlich hinführt nun EWR sagt, sich in bestehende Institutionen integriert, oder die gleichen Regelungen einzeln und unter massiv höherem Aufwand und unter Inkaufnahme von jahrelangen innen- und aussenpolitischen Streitereien ist schlussendlich einfach eine Frage der Terminologie. Aber leider scheint eine faktenbasierte europapolitische Diskussion in der Schweiz bis auf Weiteres ein Ding der Unmöglichkeit zu sein.


Dienstag, 16. Oktober 2012

Stinkefinger der Nation - das grosse Schweigen

Der Stinkfinger von Ottmar Hitzfeld gegen den Schiedrichter des Spiels gegen Norwegen erhitzt die Gemüter, provoziert billigste Ausreden ("Das war gegen mich selber gerichtet") und wird in sämtlichen Medien seit Tagen rauf und runter diskutiert. Ein anderer, in meinen Augen durchaus erwähnenswerter Punkt wird hingegen schlicht ignoriert. Weder SF noch sonst irgend ein Presseerzeugnis ist je darauf zurückgekommen. Hitzfeld wechselte Gavranovic ein. Für Barnetta. Das war so nicht geplant und nicht beabsichtigt, es sollte ein anderer Spieler (ich tippe mal auf Behrami oder Xhaka) ausgewechselt werden. In der Mannschaft herrschte nachher Konfusion. Offenbar ist der Trainerstab der Schweizer Nationalmannschaft nicht in der Lage, die richtige Spielernummer auf einem Wechselformular einzutragen. Nachfrage von SF während des Interviews? Fehlanzeige. Die "Experten" kommen auf Hitzfelds Aussage nicht einmal zu sprechen. Keine Erwähnung in einer Zeitung. Nichts. Der Biernichtkonsum von Shaqiri am Oktoberfest ist eine Seite wert. Sowas kein Wort?

Hier noch das Interview mit Hitzfeld, interessant ab 0:38, zu finden unter:

http://www.sport.sf.tv/Nachrichten/Archiv/2012/10/12/Fussball/Benaglio-Mussten-gegen-12-Mann-spielen

Dienstag, 18. September 2012

Einzelfälle oder Tücken von Social Media?

Im Moment führen die Vertreter der besten Partei der Welt ja ein noch traurigeres Trauerspiel auf, als sonst üblich. Ueli Maurer will Flieger kaufen (die billigsten, nicht die besten), von denen keiner Weiss, wozu man sie brauchen soll (ausser für militärische Zwangsmassnahmen gegen Deutschland, ist ja schliesslich schon lange eine Absicht von Maurer), Christoph Mörgeli gibt das unschuldige Mobbingopfer, das als gutdotierter Akademiker an der Uni offenbar in seinem ersten Proseminar die Sitzung verpasst hat, wo ein unterbezahlter Assistent den Frischlingen zu erklären versucht, was der Unterschied zwischen einer wissenschafltlichen Publikation und einem veröffentlichtem Text ist. Nathalie Rickli leidet unter einem Problem, das es gar nicht gibt, ausser man ist ein scheinivalider, fauler Sozialschmarotzer (Dazu ein Zitat des "wissenschafltichen" Experten, der sich ja qua seiner Qualifikation als studierter Linguist und Titularprofessor für Medizingeschichte mit der Entwicklung und Entstehung von Krankheitsbegriffen auskennen müsste: "Wenns drauf ankommt, bleibt man in der warmen Stube und lässt die anderen den Karren aus dem Dreck ziehen"). Frau Estermann wurde (endlich) der Doktortitel entzogen. Der Bortoluzzi wurde von Rutz abgesägt (eventuell kann der bei seinen Auftraggebern von der Fachärztegesellschaft jemanden fragen, wie das mit dem Burnout funktioniert, die Leben wohl auch gut davon, wenigstens die einen) und rät dem Mörgeli, er solle "doch die Klappe halten und in den Keller Knochen abstauben gehen", während Zuppiger seinem Strafverfahren entgegen fiebert, der GröBaz seine Zeitung ruiniert und das Strafverfahren gegen ihn zu verhindern versucht. Doch auch die unteren Chargen geraten in letzter Zeit immer wieder in die Schlagzeilen. Mit *unbedachten" Äusserungen in Social Media (aka Facebook oder Twitter).

Beispiele:

- Alex Müller, Schulpfleger (sic!) findet eine neue Reichskristallnacht für Muslime eine tolle Idee, tritt "freiwillig" aus der Partei aus und wird gefeuert.
- Beat Mosimann, "Personenschützer" von Blocher höchstpersönlich, fordert die Standrechtliche Erschiessung von Asylbewerbern, wird aus der SVP rausgeschmissen und die AUNS denkt über einen Ausschluss nach (wäre eigentlich Interessant, ob der da noch Mitglied ist).
- Roger Liebi bezeichnet die hiesigen Sozis als "Bolschewisten" und stellt sich wahrscheinlich Corinne Mauch schon mit Stalinschnauz vor:





Quelle: Twitter, Screenshot von mir.


Und nun hat sich Sepp Spiess, Präsident der SVP der Gemeinde Schwyz und ehemaliger Gemeinderat, "verplappert", ist aus der Partei ausgetreten und wurde von seinem Arbeitgeber beurlaubt:



storybild
 Quelle: 20Minuten Online

Erschreckend die Erklärungsversuche seiner Parteikollegen:



Quelle: www.sf.tv

Emotionale Reaktion, kein Bewusstsein für die Reichweite von Social Media, Mitleid mit den Polizisten, man solle solche Leute "nicht in die Rechte Ecke stellen" (wie wenn man da noch etwas "stellen" müsste).

Dazu folgende Anmerkungen meinerseits:

- Das Problem sind nicht die Äusserungen, auch nicht, ob diese öffentlich oder nicht erfolgen. Das Problem ist, dass solche Denkweise an und für sich offenbar innerhalb der SVP kein Problem darstellen. Ist man wütend, denkt man nicht nach. Wenn man derartige Gedanken äussert, heisst das, man vertritt eine entsprechende Grundhaltung. Rassistisch, menschenverachtend. Bestimmten Menschen werden elementarste Grundrechte abgesprochen, ja es wird deren Vernichtung als legitim betrachtet.  Das derartige Ansichten weder politisch noch gesellschaftlich akzeptiert werden, sollte für jeden, der ein einigermassen aufgeklärtes, humanitäres Menschenbild verfügt, selbstverständlich sein.

- Ein bisschen Grundlagenwissen der Geschichte des 20. Jahrhunderts würde auch Lokalpolitikern nicht schaden. Sozialdemokraten als Bolschewisten zu beleidigen, das grenzt schon beinahe an Ironie, und Minarette zum Niederbrennen dürfen in der Schweiz ja bekanntlich gar keine gebaut werden.

- Am erschreckendsten ist aber aus meiner Sicht die Tatsache, dass derartiges Gedankengut zumindest innerhalb der SVP (solange nicht öffentlich geäussert) als vollkommen in Ordnung betrachtet wird. Es ist nicht davon auszugehen, dass jemand, der sich über die Erschiessung eines Ausländers freut und diese als "Sauware" bezeichnet, über Nacht zu einer solchen Haltung gekommen ist. Diese Bezeichnung trifft die Haltung gegenüber "Ausländern" auf den Punkt, sie besagt, dass es sich um minderwertige Menschen und eben um "Ware", also eigentlich gar nicht mehr um Menschen handelt. Und verdorbene Ware kann man ja getrost entsorgen. Dem selber herangezüchteten Feindbild das Menschsein abzusprechen, das war der erste Schritt der Nazis in Richtung Judenvernichtung.Und Seppi Schmid wurde zum Parteipräsidenten von Schwyz und zum Gemeinderat gewählt.

Und zu guter Letzt ein kleiner Hinweis an die Herren Nationalräte, die unsere Gesetze schreiben und - wenn sie nicht selber studierte Juristen sind - wenn sie davon keine Ahnung haben, wenigstens ihren Neffen, der gerade im 2. Semester Jura studiert fragen könnten: Nach JEDEM Schusswaffeneinsatz durch die Polizei wird eine strafrechtliche Untersuchung eingeleitet. Wurde unter Einhaltung der Reglemente und Gesetze geschossen und wurde insbesondere der Grundsatz der Verhältnismässigkeit beachtet, wird der Polizist freigesprochen oder das Verfahren eingestellt. Nach der Untersuchung. Nicht vorher. Wirklich nicht. Auch nicht, wenn das Opfer Ausländer ist.

Mittwoch, 22. August 2012

Nüchtern betrachtet....

Es ist Stadtfest in Baden. 10 Tage lang. Und wie sie halt so sind, die Badener, wird allen Freunden, bekannten, Arbeitskollegen und wohl auch jedem, der es gar nicht hören wird vorgeschwärmt. Von der Festfreude, von den krassen Bauten und Architektonischen Meisterleistungen, alles nur für 10 Tage, alles von Amateuren von Hand geschreinert in Fronarbeit. Oder so. Nicht, dass es das nicht gibt. Ich habe in den letzten Tagen viele schöne, gelungene, spannende Festbeizen gesehen. Aber eben, nüchtern betrachtet anlässlich eines Einkaufsspaziergangs durch die Stadt an einem Nachmittag unter der Woche sieht es irgendwie halt doch ein bisschen nach "Zürifest" aus, oder so..... Aus dem "Leitfaden Gestaltung Stadtfest":
BAHNHOFPLATZ /BADSTRASSE Fröhliche Wissenschaften - erfinde! Der Bahnhofplatz und die Badstrasse sind in Bewegung. Experiment und Tüftlerei fördern hier Erstaunliches zu Tage. Begeben Sie sich ins Spannungsfeld von Fakten und Fiktion,werden Sie fröhlich Teil der Maschinerie... Labor, Mechanik, Perpetum Mobile,Transport, Zeitreisen, Aerodynamik, Kinetik, Tempo... Ein Ort für: EXPERIMENTE, TÜFTLERINNEN, SONNTAGSFAHRTEN & VERRÜCKTE PROFESSUREN
Aussehen tut das dann so (alle Bilder stammen aus dem beschriebenen Areal):

Samstag, 2. Juni 2012

Scary Movie - I know what you did even if you didn't

Er hat sich Mühe gegeben. Hat mit vielen Leuten gesprochen. Er hat gesucht. Nach dem Müll, nach der sexuellen Belästigung, nach dem Lärm, nach den Drogen. Gefunden hat er: Nichts, ausser einer Gruppe von Leuten, die ehrlich Angst haben. Vor: Nichts. Kognitive Dissonanz nennt man das. Eine Variante, eine solche aufzulösen ist die selektive Beschaffung und Interpretation von dissonanzreduzierenden Informationen. Will heissen: Informationen, welche die bestehenden Erwartungen bestätigen, werden stärker gewichtet als solche, die diesen widersprechen. Das kann soweit führen, dass belegte Fakten sogar dann ignoriert werden, wenn jemand direkt darauf angesprochen wird. Klassischerweise wird dann zum Beispiel in einem Gespräch sich selber widersprechende Aussagen "wegrationalisiert", heisst, es wird ungeachtet von Fakten oder auch nur von Wahrscheinlichkeiten eine scheinbar plausible Erklärung für den Widerspruch geliefert. Anschaulich illustriert ab 13:30......... Fazit: Godwin's Law hat was, aber die hier offenbarten Einstellungen sind erschütternd. Und, ach ja, da war doch mal was.......