Dienstag, 23. November 2010

Wählen ist eine Freude

Auch wir dürfen am 28. November wieder, zwar nicht wählen, aber Abstimmen. Falls Du noch nicht abgestimmt haben solltest, es lohnt sich:

Dienstag, 2. November 2010

Religion is Bullshit

George Carlin, ein legendärer amerikanischer Comedian, über Religion: "Results like these do not belong in the resumee of a supreme being".

Samstag, 30. Oktober 2010

Sex sells - weshalb politische Werbung wohl doch besser verboten werden sollte

Während Kollege W die Berechtigung politischer Werbung überhaupt in Frage stellt, vertrete ich eigentlich den Standpunkt, dass Werbung OK ist, solange die Finanzierung von Kampagnen transparent ist. Politik ist organisierte, regulierte Interessenvertretung. Insofern ist offener Lobbyismus auch kein Problem, solange ich als Bürger nachvollziehen kann, wer wessen Interessen vertritt. Doch leider ist das schweizerische System in diesem Bereich vollkommen unzulänglich. Weder die Finanzierung von Parteien, von Abstimmungskampagnen noch von Wahlpropaganda ist auch nur im entferntesten transparent. In lukrativen Politikbereichen, wie zum Beispiel der Gesundheitspolitik, sitzt kaum ein Parlamentarier in den entscheidenden Kommissionen, der nicht abhängig von Interessengruppen in diesem Bereich ist. Das funktioniert dann wohl etwa so, wie ich mir eine Sitzung des Exekutivkommittees der FIFA vorstelle - for the good of the game, oder so.

Doch ein Hauptargument, welches für ein totales Verbot politischer Werbung sprechen würde, kommt bei W nicht zur Sprache: Die Werbung selber. Wie Wahlwerbung im Rahmen von gratis Werbeminuten im öffentlich rechtlichen Fernsehen herauskommt, wurde an dieser Stelle bereits aufgezeigt. Ein weiteres Exempel:





Gefunden bei wahrscheinlich.

Das Kreuz mit dem Kreuz - Ein Entwurf

Posts, die ich nie fertig geschrieben und deshalb nicht veröffentlicht hatte, gibt es einige.  Hier ein Beispiel aus dem Vorfeld der Minarett-Abstimmung. Irgendwie erstaunlich, wie aktuell das wieder wurde:


Nicht nur Türmchen auf Gebetshäusern, die eigentlich gar niemand bauen will, bewegen die Gemüter. Gemäss einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte verletzt das Anbringen von Kruzifixen in Schulzimmern von staatlichen Schulen das Recht der Eltern auf Erziehung ihrer Kinder und stellt einen Verstoss gegen die Religionsfreiheit der Kinder dar. Soweit sind wir nun, lässt sich tausendfach in empörten Leserbriefen und Kommentaren lesen, dass wir die Kruzifixe abhängen müssen, und die Muslime sollen ungehindert Türmchen bauen dürfen? Ja, so weit sind wir, zum Glück. Selbstverständlich ist sowas ein Steilpass für den "bedeutendsten Intellektuellen der Schweiz":


Es ist paradox: Während in Europa Gerichte verfügen, dass in Schulen Kruzifixe abzuhängen seien, weil sie Andersgläubige provozieren oder diskriminieren könnten, sollen sich Muslime im Namen der Religionsfreiheit unbehelligt ausdehnen dürfen. Minarette sind keine Kirchtürme: Sie stehen nicht für einen Glauben, der ins Private zurückgedrängt wurde, sondern für ein politisches Herrschaftssystem, das an die Öffentlichkeit will.


R.K in der Weltwoche

Nun, die Behauptung, Kirchtürme seien keineswegs Herrschaftssymbole, wird nicht stichhaltiger, wenn sie einfach immer wieder wiederholt wird. Selbstverständlich stehen Kirchtürme für ein politisches Herrschaftssystem. Dies wird in einem älteren Artikel derselben Postille jedenfalls ausdrücklich betont:

Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts gingen christliche Bauherren wieder in die architektonische Offensive und erstellten Sakralbauten von symbolischem Wert. Kaiser Wilhelm II. besuchte im Jahre 1898 Jerusalem, um den Anspruch des Deutschen Reichs im Heiligen Land zu untermauern. Er liess im Süden der Stadt die burgartige katholische Dormitio-Kirche bauen und im Innern der Jerusalemer Altstadt die Erlöserkirche – und Architektur wurde erneut zum Abbild eines imperialistischen Machtstrebens.


Quelle: Weltwoche

Was hat das mit christlicher Symbolik in Schulzimmern zu tun? Der grosse Unterschied ist, dass der Besuch von Schulen vom Staat für alle Kinder vorgeschrieben ist. Wenn sich R.K. am Türmchen in Wangen stört, steht es ihm frei, das Dorf weiträumig zu umfahren - falls er sich je in diese Gegend verirren sollte. Diese Wahl haben Schüler nicht. Es sind Religionsgemeinschaften - nicht der Staat - welche Minarette errichten. Eine "Moscheebesuchspflicht" für alle Bürger steht nicht zur Debatte, und Kruzifixe in nicht-staatlichen Schulen sind vom Verbot nicht betroffen.
Das "Zurückdrängen" der Religion in den Bereich des Privaten ist nicht einfach so passiert, jahrzehntelange schwere politische Konflikte haben dazu geführt. Und "Zurück" ist irgendwie auch falsch, denn es ist keineswegs so, dass Religion irgendwann vor der Aufklärung als Privatangelegenheit betrachtet worden wäre. Der Widerstand der Kirchen gegen die Säkularisierung der Politik und vor allem der Schulen war episch.

Geschrieben hatte ich das im November 2009. Festzuhalten dazu gibt es eigentlich nur 2 Punkte:

- Obligatorische, staatliche Schulen sollen religiös und konfessionell neutral sein. Regligiöse Symbole, egal welcher Art und unabhängig davon, welche "Werte" die zugrunde liegende Religion zu vertreten behauptet, haben dort nichts verloren.

- Unsere Gesellschaft und vor allem unser Staatswesen beruht nicht auf einer wie auch immer gearteten "Christlich-Abendländischen" Leitkultur (interessanterweise ist diese in Deutschland oftmals auch noch "jüdisch", bei uns aber nicht). Die moderne kapitalistische Gesellschaft und der demokratische Rechtsstaat sind im Gegenteil aus Widerstand gegen  religiös geprägte, ständische Herschafts- und Gesellschaftsformen hervorgegangen.

Dienstag, 19. Oktober 2010

Die Vokssouveränität - von den Schwierigkeiten eines Begriffs

In verschiedenen Zusammenhängen wird im öffentlichen politischen Diskurs Bezug genommen auf die "Volkssouveränität". Hinterfragt wird der Ausdruck allerdings nicht sehr oft.

Zunächst könnte man sich über die Bestandteile des Ausdrucks "Volkssouveränität" einige Gedanken machen. "Souveränität", was meint das eigentlich? Das Konzept der "Souveränität" geht im Kern zurück auf absolutistische Staatsphilosophen, oft genannt wird der Franzose Jean Bodin. Souveränität versteht er grundsätzlich als Existenz einer "höchsten Letztentscheidungsbefugnis" im Staat. Der Souverän ist demzufolge der Träger dieser Befugnis, die Verfassungsgebende Instanz. Selbstverständlich ist dabei die Entscheidung über Krieg oder Frieden mit inbegriffen. Da diese für ein Staatswesen (auch ein Begriff, der einmal einige Gedanken Wert wäre) oftmals eine Existenzfrage darstellt, wurde der Begriff auch im "Völkerrecht" immer wichtiger. Dort hat der Begriff eine zusätzliche Bedeutung angenommen: Souverän ist ein Staat, wenn er von anderen Staaten unabhängig ist, eigene Entscheidungen fällen und diese sowohl gegen innen wie auch gegen aussen durchsetzen kann. Und damit wird's eben auch kompliziert. Ist die Schweiz "souverän"? Im rechtlichen Sinne durchaus. Kein anderer Staat spricht der Schweiz das Recht, für sich selber zu entscheiden, grundsätzlich ab. Eine Situation, die in zahlreichen anderen Ländern nicht ganz so klar ist, man denke zum Beispiel an Afghanistan, den Irak, Kosovo, Bosnien.... Die Kehrseite davon ist jedoch, dass diese Entscheidungen direkte Auswirkungen auf das Verhältnis zu anderen Staaten haben. Die Schweiz kann Staatsverträge mit Deutschland zum Beispiel - ganz souverän - annehmen oder ablehne, kündigen oder verlängern. Je nachdem kann Deutschland dann nämlich - ebenfalls ganz souverän - Überflüge über sein Gebiet einschränken, was sowohl für Airlines, Fluglinien, die Bevölkerung rund um den Flughafen Auswirkungen hat. Und wenn man Deutschland das verbieten will, muss man halt eben den Krieg erklären (vgl. dazu: Wofür wir die beste Armee der Welt wirklich brauchen: hier).


Zudem bestehen einige Grundsätze, zu denen sich praktisch alle Staaten dieser Welt bekannt haben, man spricht von "zwingendem Völkerrecht". Darunter sind Rechtsgrundsätze zu verstehen, die universelle Gültigkeit haben. Sie können nicht wegbedungen werden und gelten auch, wenn sie nicht kodifiziert wurden. In der Schweiz hat dies eine lange Rechtstradition, waren doch elementare Grundrechte in der Verfassung vor der letzten Totalrevision nicht oder nur teilweise enthalten. Das Folterverbot zum Beispiel würde auch gelten, wenn man den entsprechenden Artikel aus der Verfassung streichen würde. Es würde auch gelten, wenn man in die Verfassung schreiben würde, dass Folter erlaubt sei oder obligatorisch bei der Untersuchung bestimmter Delikte (Sexualdelikte, am besten begangen an Kindern, IV-Betrug oder ähnlichem). Selbst ein Austritt aus der EMRK hätte auf die Gültigkeit des Folterverbots keine Auswirkungen. Die Souveränität eines jeden Staates gilt also nicht absolut, zumindest nicht im rechtlichen Sinne. Die politischen Folgen solcher Entscheide wären wohl zu vergleichen mit der Situation von Nordkorea, kein erstrebenswertes Ziel, auch wenn das Land und die Leute durchaus ihre Reize zu haben scheinen, denn "dieses Land will unabhängig sein" (GröBaZ, Interview in der BAZ)

Was ist denn nun mit dem "Volk"? Im Gegensatz zu Jean Bodin, der als Träger der Souveränität eine einzige Person, nämlich den König, der selber ausserhalb jeden Rechts steht (Der Leviathan lässt grüssen, obwohl der von einem Engländer ins Spiel gebracht wurde). Einen solchen hatten und haben wir in der Schweiz nicht, und ausser einigen Anhängern des "besten Bundesrates aller Zeiten" wünscht sich den auch niemand. Die Souveränität wird in der Schweiz durch das "Volk" ausgeübt. Doch wer ist das "Volk"? Die Bevölkerung kann damit nicht gemeint sein, denn Kinder, Touristen und Ausländer gehören nicht dazu, egal ob sie hier wohnen oder nicht. Frauen gehören erst seit einige Jahrzehnten zum Volk, in Innerrhoden erst seit 1990. Gemeint sind die schweizerischen Staatsbürger. Doch gehören diejenigen, die nicht wählen oder abstimmen gehen, auch dazu, zum Volk? Die Kriterien zur Erlangung der Staatsbürgerschaft und somit zur "Volkszugehörigkeit" sind zudem heftig umstritten, was die "Volksseele" regelmässig zum Kochen bringt. (Hier kocht die Volksseele, ab 05:58, gekocht gibt es sie ab 42:50. Quelle: SF DRS)

Doch trotz all der Schwierigkeiten scheinen zwei Ansichten weit verbreitet zu sein:

- Die "Volkssouveränität" gelte absolut. Das Volk sei absolut frei in seinen Entscheidungen, jede Einschränkung sei ein Verrat an eben der "Volkssouveränität" und ein Beispiel an linker Subversion. Auch wenn entsprechende Vorschläge sich auf genau diese Volksrechte beziehen und von stramm bürgerlich-konservativer Seite geäussert werden.

- Daraus folgt meist die Erkenntnis, dass Demokratie in dem Sinne absolut gilt, dass sie ausserhalb des Rechts und des Rechtsstaates steht, wie der König in Frankreich, der Papst in der katholischen Kirche oder Sepp Blatter in der Fifa. Wer in der humanistischen Tradition der Aufklärung genau die Werte zu schützen versucht, welche oft absurderweise als Produkt unserer "christlich-abendländischer" Kultur bezeichnet werden und die es gegen islamische, balkanesische, afrikanische oder sonstige Einflüsse aus "fremden Kulturkeisen" zu schützen gelte, zur Not auch mittels massiver Grundrechtseinschränkungen, rechtlicher Willkür oder unter Verletzung eben dieser Werte, wird massiv angefeindet.

Einige Beispiele:

giovanni meijer, rive Gauche - 20:36 | 09.10.2010
» Nur weiter so Giusep. Sie werden, mit Ihrem Unsinn, das Volk daran erinern, abstimmen zu gehen. Und was wird das Volk abstimmen, waseli was (frei nach Ruedi Walter)? Nein, nicht solche Abstimmungen sind eine Gefahr für die Schweiz; Sie sind die Gefahr sowie die intellektuelle Elite dieses Landes.

Hanspeter Rüegg, Zürich - 20:26 | 09.10.2010
» Herr Nay ist eine Schande für unser Land. Und so ein Mann, der demokratische Volksentscheide missachtet, war einmal Bundesrichter. Da wundere ich mich überhaupt nicht mehr über die gegen das Volk gerichteten Entscheide dieser Instanz. Ich habe jeglichen Respekt vor der Rechtssprechung in der Schweiz verloren.

Ruedi Wermuth, Reinach - 18:50 | 09.10.2010
» Dieser Herr Nay ist genau einer der linken die immer wieder in allem Recht haben wollen und genau diese Vögel machen die Demokratie in der Schweiz zur Sau. Sie Herr Nay gehören mit ihrer dappischen Ansicht nicht in die Schweiz, packen sie ihre Koffer und dann Tschüss.

Ruedi Greub, Rohrbach - 17:45 | 09.10.2010
» Das Volk stimmt ab. Das Resultat sollten alle Akzeptieren Und ein Volksentscheid muss auch nicht begründet werden. Sollte ein Volksentscheid mit einem internationalen Vertrag nicht vereinbar sein, so muss der internationale Vertrag gekündigt werden. Das wäre Demokratie und nichts anderes. Leider denkt da unsere politische â01CEliteâ01C aus dem hohen Elfenbeinturm anders.

Pesche Lang, Bern - 17:01 | 09.10.2010
» Richter sollen mitbestimmen, welche Initiativen europa-gerecht sind und welche nicht!? Dann gnade uns Gott, dann ist unsere direkte Demokratie am Ende. Übrigens: Es gibt gar keine völkerrechtswidrigen Initiativen. Und in unserem Land ist immer noch das Volk der Souverän, Herr Nay!

Hans Berner, Bern - 14:07 | 09.10.2010
» Diesen Richter und seine politische Gesinnung kennen wir aus seinen X Auftritten bestens. Es ist eine Schande, wie sich die selbst ernannten Halbgötter zu Lausanne aufspielen und den politischen Willen eines souveränen Staates untergraben. Wir sind das Volk, ihr seid unsere Diener, auch wenn ihr als Richter gewählt wurdet. Ende!

(Sämtliche Zitate stammen von Blick Online. Schreiben lassen, was ist, am liebsten gratis von den Lesern.)

Mit den Errungenschaften der "christlich-abendländichen" Kultur scheint es eben doch nicht so weit zu sein.

Mittwoch, 28. Juli 2010

Verwirrung oder Verwirrnis?

Zugegeben, die Rechnungslegung einer Grossbank ist nicht einfach zu durchschauen, auch vermeintliche Spezialisten geraten bisweilen ein wenig durcheinander und verheddern sich im sprichwörtlichen Zahlensalat. Dies scheint Markus Diem Meier, seines Zeichens Chef der Wirtschaftsredaktion von Newsnetz in seinem Bericht zum letzten Quartalsabschluss der UBS passiert zu sein. Der geneigte Leser würde bei einer Absatzüberschrift wie "Weitere Verwirrnis um die Bewertung der eigenen Schulden" eigentlich einige erklärende oder entwirrende Zeilen erwarten, doch verwirrt scheint vor allem der Autor:

"Unter der Lupe nimmt sich die grösste Positivmeldung der UBS – der zehnprozentige Gewinnsprung des Investmentbankings – etwas weniger eindrücklich aus. Denn der grösste Teil davon – 842 Millionen Franken – geht auf eine buchhalterische Bewertungsanpassung auf eigene Verbindlichkeiten zurück. Weil gemessen an den Prämien von Kreditausfallversicherungen die UBS wie auch andere Banken auf den Märkten als stärker gefährdet gehandelt werden, sinkt der Wert der Schulden der Grossbank. Die Bank könnte sie theoretisch günstiger zurückkaufen, was als Gewinn verbucht wird. Dessen Grundlage ist allerdings keine positive Entwicklung."

Während die Erklärung des doch auf den ersten Blick paradox anmutenden Phänomens tatsächlich geeinget scheint, die Verwirrung des Lesers zu reduzieren, wird es in der Folge erst recht verwirrend:

"Im ersten Quartal musste die Bank wegen einer Bonitätsverbesserung noch 247 Millionen Franken als Verlust verbuchen, im zweiten Quartal jetzt wegen der Verschlechterung 595 Millionen als Gewinn, was zusammen die 842 Millionen ergibt. Schon im letzten Jahr hat dieser Effekt die Aussagekraft des ausgewiesenen Gewinns stets stark vermindert."

Festgehalten sei an dieser Stelle folgendes:

- Auch wenn die Bilanzierungs- und Rechnungslegungsstandards für Grossbanken bisweilen kompliziert sind und grossen Spielraum für Interpretationen lassen, ist es noch nicht soweit, dass Soll und Haben aufsummiert werden. 247 Mio Verlust und 595 Mio Gewinn ergeben - aus Sicht der UBS wohl leider - keinen Gewinn von 842 Mio.

- Dieser Effekt, wenn man ihn kennt und berücksichtigt, dass die Grösse desselben jeweils konkret angegeben wird, reduziert die Aussagekraft des Gewinns eigentlich nicht wirklich. Sondereffekte könnten zum Beispiel einfach zur besseren Vergleichbarkeit unberücksichtigt bleiben. Aber dazu müsste man als Wirtschaftsjournalist halt auch schon mal den Taschenrechner zücken und dabei ganz gut auf die Vorzeichen achtgeben.

Samstag, 10. Juli 2010

Na sowas.....

Der Berner Wirtschaftsprofessor Norbert Thom warf dem Verwaltungsrat vor, die Arbeit nicht gemacht zu haben, wenn es für einzelne Exponenten der Bank möglich ist, so hohe Boni zu kassieren.
Ich muss zugeben: Ja, wir müssen aus dem PIP-Programm die Lehren ziehen und dürfen gewisse Fehler sicher kein zweites Mal machen.

(...)

Waren Sie persönlich überrascht, als Sie erfuhren, wie hoch der Bonus für Brady Dougan ausfällt?
Ja, natürlich. Aber jetzt müssen wir auch einmal ehrlich sein und Herrn Dougan zugestehen, dass er einen Superjob macht.

Interview von Newsnetz mit Hans-Ueli Doerig, Verwaltungsratspräsident der Credit Suisse.

Freitag, 9. Juli 2010

Roger hat heiss

Die momentane Sommerhitze scheint nicht nur die Kollegen vom Newsnetz zu intellektuellen Höchstleistungen zu verleiten, auch der "Grösste Schweizer Intellektuelle" scheint mit den Kühlleistung seines Denkapparates ein wenig Mühe zu bekunden.Im Editorial der aktuellen Ausgabe schlägt er sich gemäss seinem Dogma, stets gegen das anzuschreiben, was er für den linksintellektuellen Mainstream hält, neben der weltbewegenden Sauerei der EU, irgendwelche Neuzüchtungen von Obstsorten zu regulieren, mit der Forderung der GSOA, die allgemeine Wehrpflicht abzuschaffen noch mit den immerwährenden Problemen rund um den Schweizer Inlandsgeheimdienst herum. Da online nicht verfügbar, hier ein Auszug aus dem Text:

"(...)Die Schweizer Armee ist wichtig. Sie ist Trainingslager und Lebensschule. Die Armee stärkt den Zusammenhalt, sie ist Reservoir ungezählter Anekdoten, Leidensgeschichten und Pointen, mit denen jeder Soldat die Absurdität seines militärischen Alltags meistert. Es schärft und bildet den Charakter erst recht, wenn man sich unfähigen Vorgesetzten unterwerfen muss.(...)Schweizer Wirtschaftsführer sind in der Armee ausgebildet worden, haben sich und andere dort in nicht alltäglichen Situationen kennenlernen und damit die Grundlage schaffen können für spätere Erfolge in der Wirtschaft.(...)"
"

Daher liegt die Folgerung auf der Hand: Die Dienstzeit für alle muss verlängert werden, es müssen zudem möglichst unfähige Vorgesetzte gesucht werden, welche die Schweizer Männer (Frauen spielen in der Wirtschaft ja eh keine Rolle)mit möglichst absurden Tätigkeiten beschäftigen sollen. Damit unsere künftigen Wirtschaftsführer bestens auf die Absurdität in Ihren Geschäften vorbereitet werden.

Ähnlich stringent argumentiert Kollege Köppel, dessen Dienstgrad leider nicht in Erfahrung zu bringen war, bezüglich der Diskussion um den Staatschutz in der Schweiz:

"Mit Verlaub: wo liegt der Skandal? Die rasant geäusserte Forderung, die Nachrichtendienste seien abzuschaffen [Wer das wann gefordert haben soll, konnte leider ebenfalls nicht in Erfahrung gebracht werden, Anm. des Autors], geht in die Irre. Der Grossteil der Fichen betrifft Ausländer, Angesichts der grossen und immer grösser werdenden Migrationssträme in die Schweiz und angesichts der Tatsache, dass die Schweiz ihre Migrationspolitik weitgehend an die Eu delegierte, kann es nur hilfreich sein, wenn wenigstens eine Schweizer Instanz den Versuch unternimmt, mögliche Schadensfolgen abzumessen. Naturgemäss sammeln Nachrichtendienste auch überflüssige Daten, aber es steht ausser Frage, dass die Migration eine der grössten Kriminalitätsursachen in der Schweiz ist. Ihre Überwachung bleibt unverzichtbar."

Also. Es ist vollkommen irrelevant, ob die gesammelten Daten irgendeine Bedeutung haben, ob sie korrekt sind, ob sie in irgendeinem Zusammenhang mit staatsgefährdenden Absichten oder gar Handlungen stehen. Es ist auch egal, dass die Mitarbeiter des Nachrichtendienstes diese Daten in keiner Art und Weise Bewerten oder Beurteilen. Hauptsache, wir haben Daten über Ausländer. Dass es eine Rolle spielt, wenn jemand gegenüber ausländischen Behörden als staatsgefährdend gemeldet wird - selbst wenn es keinerlei Anhaltspunkte dafür gibt - dass dieser Person dadurch Nachteile entstehen können, ist auch egal. Denn es sind ja vorwiegend Ausländer. Personenbezogene Meldungen des DAP an ausländische Behörden haben sich zwischen 2004 und 2009 beinahe verdoppelt. Und die Ausländer, die sind per se gefährlich und kriminell. Ob es wirklich unbestritten ist, dass die Migration eine Ursache für Kriminalität ist, sei dahingestellt. Dass der Inlandgeheimdienst keine Organisation zur Prävention von Kriminalität ist und es keineswegs zu seinen Aufgaben gehört, Ladendiebstähle zu verhindern, ist auch egal. Und die Tatsache, dass eine Organisation des Bundes sich jahrelang um gesetzliche Anforderungen an ihre Tätigkeit schlicht und einfach foutiert hat, hu kärs? (gut, das ist jetzt vom anderen Rosche). Soviel Staatsgläubigkeit überrascht dann doch.

Dienstag, 25. Mai 2010

Früher war alles besser - was Cédric Wermuth noch lernen sollte

Eine der legendärsten Sendungen des Schweizer Fernsehens wurde - auf meine Anfrage hin - im Online-Archiv von SF veröffentlicht. Das verstehe ich unter Service Public, den zuständigen Mitarbeitern des Archivs sei an dieser Stelle dafür gedankt.

Bemerkenswert ist eigentlich beinahe alles an dieser Sendung, doch einige Punkte verdienen doch eine besondere Erwähnung:

  • Das Logo und der Trailer der Sendung sind weltklasse, Früher pulsierte die Schweiz noch, auch ohne Street-Parade (obwohl die Gasmasken schon da waren)
  • Gilbert Gress hat seinen Stil nicht selber erfunden, das war Jan Kriesemer
  • Das Tessin kam damals schon immer zu kurz
  • Der Teleprompter war zwar schon erfunden, hat es aber noch nicht bis ins Leutschenbach geschafft
  • Töffli waren noch keine raren Sammlerstücke (1:55)
  • Google könnte von der Anonymisierungstechnick noch was lernen (3:48) und die Stadtpolizei hatte noch richtige Vorbilder (Funkgespräch im Hintergrund, selbe Stelle)
  • Gegen Wasserwerfer hilft es, sich im Taxi fortzubewegen (5:43)
  • Touristen waren damals schon wichtiger als Bürger oder Einwohner, der Umsatz als die Politik (6:33)
  • Ein Amt war noch ein Amt
  • Politiker konnten schon damals geschriebene, hochdeutsche Sätze nicht in Mundart ausformulieren (11:05), Journalisten waren schon damals Böse und der Polizei im Weg. Das Argument, die Presse würde durch ihre Berichterstattung das Recht der freien Berufsausübung der Polizisten einschränken, ist bemerkenswert originell und dem diesbezüglichen Diskurs in letzter Zeit leider abhanden gekommen.


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    Video: Schweizer Fernsehen

    Und heute? Nicht mal mehr zu Clowns reichts, und den Samichlaus, den müsste man auch nochmals üben:




    Dienstag, 4. Mai 2010

    Von Rasern, Kinderschändern, Bischöfen und Ausländern

    Raser gehören eingesperrt und für die Zeit ihres Lebens von der Strasse ferngehalten. Dies will die Initiative "Schutz vor Rasern" erreichen. Die notwendigen Unterschriften werden problemlos in kürzester Zeit zusammenkommen.

    Die Türmchen, die keiner bauen wollte, sind nun verboten, obwohl immer noch kein Mensch weiss, was jetzt genau verboten wurde und man das auch nie herausfinden wird, da ja gar niemand ein solches Türmchen bauen will.

    Verwahrte Straftäter sind immer noch verwahrt, und die Massnahme wird immer noch regelmässig überprüft.

    Ein Mord wird nach einigen Jahren strafrechtlich nicht mehr verfolgt, einige ausgewählte Delikte des Sexualstrafrechts jedoch verjähren nicht. Deswegen wird kein Kind und keine Frau und überhaupt niemand sonst weniger missbraucht als es ohne diese Regelung geschehen wäre.

    Und nun fordert das Parlament des Kantons Aargau ein nationales Verbot der Burka. 89 Parlamentarier stimmten für die Standesinitiative, nur 33 dagegen.

    Das ist Scheinpolitik, Missbrauch von politischen Institutionen. Man nehme eine kleine Gruppe von Personen, auf deren Kosten Regelungen verschärft werden. Ob das vorgeblich zu lösende Problem wirklich eines ist, spielt dabei keine Rolle, ebensowenig, ob die vorgeschlagenen "Lösungen" irgendeine Wirkung haben. Aufgrund der mangelnden Relevanz der Themen geht niemand, der eine solche Vorlage unterstützt ein Risiko ein, dass die Lösung nicht funktionieren könnte. Jeder, der es wagt, eine derartige Vorlage abzulehnen handelt sich automatisch den Vorwurf ein, er würde islamische Fundamentalisten, Kinderschänder, Balkanraser oder notorische Triebtäter schützen wollen.

    Drei grosse Argumente meinerseits gegen sämtliche dieser Vorlagen, egal wie unterschiedlich sie inhaltlich sein mögen:

    Das systematische Argument:

    Die Verfassung soll die Grundsätze unserer Staatsordnung festlegen. Spezialrechtliche Regelungen gehören nicht in die Verfassung. Anpassungen des Strafrechts, der jeweiligen Bauordnungen oder Kleidervorschriften können in unserem demokratischen System auf Gesetzesstufe geregelt werden. Dass dabei auf Bundesebene das in zahlreichen Kantonen seit langem erfolgreiche eingesetzte Instrument der Gesetzesinitiative fehlt, wäre hingegen durch eine Initiative durchaus zu ändern und auch sinnvoll.

    Das populistische Argument:

    Politik auf Kosten von Minderheiten oder politisch nicht relevanten Gruppen eignet sich hervorragend, um sich als vermeintlichen Macher oder Problemlöser darzustellen. Das Risiko, dabei Gruppen von potentiellen Wählern gegen sich aufzubringen, ist praktisch null. Dies im Gegensatz zu Politikern, die versuchen wirklich relevante Probleme anzugehen und damit riskieren, bestimmte Personen- oder Interessengruppen zu verärgern. Am Beispiel der SVP wird deutlich, dass vor allem die Mobilisierung von potentiellen Wählern im Vordergrund steht, während die Fraktion in den Räten jeweils eine Politik zu verfolgen pflegt, die auf Kosten einer Grosszahl ihrer Wähler geht, vorwiegend in den Bereichen der Sozial- oder Steuerpolitik.


    Das Ressourcenargument:

    Die Ressourcen des politischen Systems werden zunehmend von im Grunde genommen unbedeutenden Themen besetzt. Nicht nur die für Abstimmungen und Kampagnen anfallenden finanziellen Kosten stehen dabei im Vordergrund. Vielmehr zentral ist die Aufmerksamkeit. Die Anzahl der Themen, welche im öffentlichen politischen Diskurs behandelt werden, ist begrenzt. Mit der Fokussierung auf derartige Themen geraten Probleme, die effektiv Probleme darstellen, in den Hintergrund.

    Die Raserinitiative ist in diesem Zusammenhang geradezu absurd, auch wenn ich deren Inhalte durchaus unterstütze. Zum einen macht es keinen Sinn, Probleme des Strassenverkehrsgesetzes in der Verfassung zu regeln. Genau dafür gibt es ein ein entsprechendes Gesetz. Wollte man dieses Ändern, müsste dies im Parlament geschehen. Zahlreiche Exponenten - keineswegs nur Hinterbänkler - folgender Parteien unterstützen die Initiative: SVP, CVP, SP, Grüne. Diese Parteien stellen über 90% der Nationalräte. Würden sie eine entsprechende Regelung wirklich wollen, wäre es ein leichtes, die Gesetze entsprechend anzupassen. Nur resultiert durch erfolgreiche, wenn auch zuweilen unspektakuläre und mühselige Arbeit im Parlament nie die erwünschte Präsenz in den Medien und die damit verbundene Personalisierung von Sachthemen. Und zu guter Letzt wird sich von noch so scharfen Strafen kein Raser von Tempoexzessen abhalten lassen. Und wenn man den Leuten den Führerschein abnimmt, fahrensie halt ohne, und wenn man ihnen das Auto wegnimmt, dass ihnen meisten nicht einmal gehört, sondern eine Verwandten oder in den meisten Fällen einer Leasingfirma, welche entweder das Auto zurückbekommt und dem nächsten Raser ausleiht, oder sonst entschädigt werden muss aus der Staatskasse, leasen sie halt das nächste.

    Und wer sich jetzt fragt, was das ganze mit den Bischöfen zu tun hat - natürlich abgesehen vom billigen Effekt, diese gleich neben Kinderschändern im Titel aufzuführen - der sollte diesen lesen und sich bitte dazu einige Gedanken bezüglich des Verhältnisses religiöser Rechtsordnungen zur Verfassung und zum Rechtsstaat, der Problematik von Parallelgesellschaften und der Rechte von Frauen innerhalb solcher Strukturen machen. Und dann die nächste Woche Kirchtürme und verschleierte Nonnen zählen und das Resultat mit der Anzahl von Minaretten und Burkaträgerinnen vergleichen. Und dann die Frage beantworten, weshalb Hedge-Fonds und deren Manager in der Schweiz steuerlich entlastet werden sollten.

    Freitag, 19. März 2010

    Flo erhält auch eine Antwort

    Tatsächlich hat Herr Glogger auf mein Mail geantwortet. Wirklich gelesen oder verstanden hat er es aber irgendwie nicht:

    Von: Glogger Helmut-Maria, ZH NR [mailto:helmut-maria.glogger@ringier.ch]
    Gesendet: Mittwoch, 17. März 2010 09:50
    An: Flo
    Betreff: AW: Flo mailt zurück


    Na, da bin ich aber froh. Wie über jede Belehrung.
    Waren Sie je Opfer eines Überfalls?
    Mussten Sie sich je verantworten, weil Sie einem anderen helfen wollten?
    Wurden Sie je von Tätern verhöhnt und bedroht?
    Was soll`s. Sie wissen ja eh alles besser.

    In diesem Sinne

    Herzlichst

    Ihr

    Helmut-Maria Glogger

    Donnerstag, 18. März 2010

    Flo mailt.....

    Von: Flo
    Gesendet: Dienstag, 16. März 2010 21:47
    An: Glogger Helmut-Maria, ZH NR
    Betreff: Flo mailt

    Sehr geehrter Herr Glogger,

    Täglich beglücken Sie die Deutschschweizer Pendlerschaft mit Ihrer Kolumne. Darin ziehen Sie in einem Stil, den Sie wohl als satirisch oder zumindest unterhaltsam bezeichnen würden, über Personen her, die im erweiterten Tagesgeschehen eine Rolle spielen. Meist gefallen Sie sich dabei in der Rolle des väterlichen Freundes - der Sie in den meisten Fällen wohl auch sein könnten, zumindest von Ihrem Alter her - welcher dem Empfänger Ihrer Botschaft ein paar Tipps mitgeben will, wie er seine Aufgaben besser wahrnehmen könnten. Neben Belanglosigkeiten über die hiesige B- und C-Prominenz wagen Sie sich ab und zu auch an politischere Themen. Ich gratuliere Ihnen zu Ihrem Mut zu gesellschaftspolitischem Engagement.

    Sie empfehlen der Stadtpräsidentin, die eben mit einem sehr guten Ergebnis im Amt bestätigt wurde, ihren Kleidungsstil und ihre Frisur Ihrem Geschmack anzupassen. Ihr Geschmack interessiert aber niemanden. Und eine erfolgreiche Politikerin aufgrund von Äußerlichkeiten zu disqualifizieren, das ist nicht nur vollkommen deplatziert, sondern auch sexistisch. Oder haben Sie sich je über die Figur von Herrn Blocher ausgelassen? Ein Trendsetter im Bereich der Mode und des Styling ist dieser wohl auch nicht gerade.

    Sie empören sich über den Entscheid der Kantonspolizei Zürich, Aufnahmen von Überwachungskameras, welche Jugendliche bei einem dilettantischen Einbruchsversuch zeigen, nicht zu veröffentlichen, beklagen sich die vermeintlich oft gehörte Forderung, "den Täterschutz über den Opferschutz zu stellen", die von niemanden je gestellt wurde und wohl Ihrer Fantasie entsprungen war. Dazu ist nun plötzlich von Prügelopfern und schweren Gewalttaten die Rede. Fällt Ihnen etwas auf? In Fällen, in denen schwere Delikte im Raum stehen, gehört die Veröffentlichung von Videos und Fotos im Internet mittlerweile zum Standardvorgehen der Polizei. Der Einbezug der Öffentlichkeit in konkrete Fahndungen ist seit langer Zeit geregelt, wobei das Prinzip der Verhältnismässigkeit gewahrt werden soll. Was würden Sie sagen, wenn die Polizei sämtliche Autonummern von Fahrzeugen, welche Tempolimits überschreiten oder nicht den Reglementen entsprechend parkiert werden, veröffentlichen würden? Mit Angabe von Zeit und Ort? Die öffentliche Hand könnte sich so die Kosten für einige Sachbearbeiter, die nach den betreffenden Fahrzeughaltern suchen müssen, einsparen, denn es würden sicherlich rasch zahlreiche Hinweise eingehen.

    "Schuster bleib bei Deinem Leisten", hiess es früher mal, als es weder Ihre unsägliche Kolumne zu lesen gab, noch Überwachungsvideos im Internet veröffentlicht wurden. Ihr Leisten wäre die Juristerei. Ich empfehle, die Lektüre zum ersten Semester wieder einmal zur Hand zu nehmen. Grundzüge der Rechstaatlichkeit haben sich in den letzten Jahrzehnten nicht verändert. Und sollten Sie das Gefühl haben, sich eine längere Auszeit gönnen zu müssen, um über das Bedürfnis des Rests der Welt nachzudenken, Ihre Gedanken mitgeteilt zu bekommen, lassen Sie sich nicht abhalten. Eine gloggerfreie Zeit würde dem Land gut bekommen.

    Mit freundlichen Grüssen

    Ihr

    Flo

    Donnerstag, 11. März 2010

    Wo in der Schweiz das Geld wohnt

    Dieser Titel eines Berichts auf dem Internetportal der besten Zeitung des Landes ist - wie üblich - nicht falsch, richtig ist er allerdings auch nicht wirklich. Denn der Artikel bezieht sich auf die Verteilung des durchschnittlichen steuerbaren Einkommens in den Gemeinden der Schweiz. Aufgrund der zahlreichen Möglichkeiten der "Steueroptimierung" ist es leider so, dass die Differenz zwischen tatsächlich erzieltem Einkommen und dem steuerbaren Einkommen sich proportional zur Einkommenshöhe verhält. Doch das wäre für den Leser wohl zu kompliziert.

    Wirklich interessant wird es, wenn man sich die in dem Artikel abgebildete Grafik mal ein wenig genauer anschaut:


    Quelle: Blickonline, Grafik erstellt von Priska Wallimann (??)


    Dass die Gegenden um den Genfer-, den Zuger und den Zürichsee zu den einkommensstärksten Regionen der Schweiz zu zählen sind, ist weder eine überraschende noch eine neue Erkenntnis. Doch interessant wird es, wenn man sich den "Randgebieten" zuwendet. Dass irgendjemand in St. Moritz das ganze Geld der internationalen Schickeria einsackt, ist auch nachvollziehbar. Doch die Gemeinde mit dem höchsten durchschnittlichen Einkommen in ganz Graubünden (und dort gibt's einige Gemeinden!) ist: Marmorera.

    Alle Leser, die in dem Lagerhaus direkt an der Julierpasstrasse und - irgendwie beunruhigend - direkt unterhalb des riesigen Damms des dortigen Stausees ein Skilager verbringen durften, wissen, dass Marmorera berühmt ist für enorme Mengen an Überraschungseiern, für lustige Spiele mit Wodka und Fünflibern, die mit zerstörten Stuhllehnen und blutigen Fingerknöcheln enden und dass es dort durchaus möglich ist, auf ausrangierten Zimmertüren zu railen.

    Für alle anderen, hier einige Informationen zu Marmorera: Das ursprüngliche Dorf wurde Mitte der 50er Jahre abgebrochen und der Talboden durch den neu erstellten Stausee überflutet. Das Dorf wurde am Berghang wieder aufgebaut. In Marmorera wohnen 47 Personen, davon sind 46 Schweizer. Der Gemeinderat besteht aus 3 Personen, wobei der für die Finanzen zuständige Gemeindepräsident keine Ahnung davon hat, dass ein durchschnittliches steuerbares Einkommen von CHF 151'637 aussergewöhnlich hoch ist.

    Im Gegensatz zum Bericht im Blick, der weder die Quelle der Information angibt (Eidgenössische Steuerverwaltung), noch darauf hinweist, dass die Daten aus dem Jahr 2006 stammen, erwähnt die Konkurrenz aus der Provinz diese Tatsachen zumindest. Ein kurzer Blick auf die von der ESTV veröffentliche Karte, welche, im Gegensatz zum Bildchen von Blick, sogar die Angaben zu der jeweiligen Gemeinde anzeigt, lässt zudem die Leistung von Frau Wallimann als nicht gerade überwätltigend erscheinen. Gut geklaut ist halb erfunden, frei nach Roger S..

    Dienstag, 9. Februar 2010

    Sprachvirtuosen

    "Geiz ist geil". Der mittlerweile sprichwörtlich gewordene Claim scheint im Detailhandel nicht nur bezüglich der Angebote die oberste Maxime darzustellen. Auch bei der Auftragsvergabe von Werbekampagnen scheint - zumindest was das Korrektorat betrifft - ab und zu gespart werden. Jedenfalls frage ich mich schon seit einiger Zeit, was diese Woche denn mit dem ganzen gesparten Geld so anfängt und weshalb ich selber nicht günstiger zu kriegen scheine.

    Dass Kleiderverkäuferinnen nicht zwingend ein Studium der Germanistik abgeschlossen haben müssen, ist auch kein Geheimnis. Wenn man sich aber mal überlegt, wie viele Leute ein Plakat, das immerhin ein ganzes Schaufenster an der Bahnhofstrasse abdeckt, anschauen, bevor es dort hängt und mich derart fesselt, dass ich beinahe den Zug verpasse, packt mich ein Schaudern:




    Doch auch die politische Elite unserer nördlicher Nachbarn scheint Mühe zu haben, insbesondere, was Fremdsprachen angeht. Günther Oettinger, bald ehemaliger Ministerpräsident von Baden - Württemberg und künftiger EU-Kommissar Deutschlands, zuständig für Energiefragen, ist sich des Problems bewusst. Immerhin wurde er 2006 zum "Sprachpanscher des Jahres" gewählt. Was wohl der "Verein English Language e.V.", wenn es ihn den gäbe, von Herrn Oettinger halten würde?



    PS: Herr Oettinger verfügt offiziell über "gute Kenntnisse" der englischen Sprache. Es wäre wohl interessant, eine Kostprobe seiner Grundkenntnisse in Französisch oder Italienisch zu hören.