Montag, 30. Mai 2011

Im Hinblick auf die Arglist der Zeit

Nun, die Arglist der Zeit hat mich lange davon abgehalten neue Posts zu veröffentlichen, ich habe mir aber vorgenommen, wieder aktiver zu sein.

Dass die SVP von ihrer inneren Struktur her an eine Leninistische Kaderpartei erinnert, ist keine neue Erkenntnis. Es ist nichts als folgerichtig, dass die Partei ihr Kader "einberuft", ausgerechnet auf dem Rütli eine verregnetes Funktionärstreffen unter Regenschirmen und Kantonsflaggen abhält. Dass dieser Ort vom damaligen Parteipräsidenten als eine "gewöhnliche Wiese mit Kuhdreck" bezeichnet wurde, ist vergessen. Die SVP scheint nun doch die damals geäusserte Entgegnung ihres Lieblingsfeindes Georg Kreis übernommen zu haben und kündigt, mit dem Verweis auf den Bundesbrief von 1291 im Falle eines Beitritts der Schweiz zur EU die Gründung einer neuen Eidgenossenschaft durch ein paar kantonale Parteipräsidenten aus der Innerschweiz an:



Was neben der faktischen Absurdität eines solchen Vorhabens sehr deutlich wird, ist ein Geschichtsverständnis, welches erschreckenderweise immer noch zahlreiche Menschen anzusprechen scheint. Einerseits wird eine Kontinuität konstruiert, welche schon fast religiöse Züge annimmt. Ein Dokument wird ohne jeglichen Bezug zum Entstehungszusammenhang als ewig gültige Wahrheit verstanden. Sowas ist man sonst von konservativen islamistischen Fundamentalisten in Bezug auf den Koran gewohnt. Denkt man das weiter, müssten aufgrund des "Bundesbriefs" die Todesstrafe eingeführt werden, Verbannung, eine ständisch-feudale Gesellschaftsordnung (das gab's schon mal in den 30er Jahren: die "Fronteninitiative") mit Leibeigenschaft. Die Armee würde aufgelöst und jede Gemeinde hätte auf eigene Kosten eigene Truppen zu unterhalten.

Der "Bundesbrief" von 1291 entstand mit grosse Wahrscheinlichkeit später, momentaner Favorit als Entstehungsjahr ist 1309. Untwerwalden war nicht Teil der Vereinbarung, wahrscheinlicher ist das die Talschaft Urseren beteiligt war. Es handelte sich keineswegs um ein gegen Aussen gerichtetes Bündnis zwischen politisch autonomen Gemeinden, sondern um ein gegen innen gerichteten "Landfrieden" mit dem Ziel der Herrschaftssicherung von lokalen Herrschaftsträgern aus dem unteren und mittleren Adel. Habsgurgische Gefolgsleute waren noch keine "fremden" und übten richterliche und herrschafltiche Rechte noch lange Zeit aus, ebenso wie die Zugehörigkeit zum Reich - die letztendliche Legitimation aller Rechte und Privilegien - unbestritten war.

Der zelebrierte Widerstand gegen "fremde Richter" zielt gegen Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit. Die Grundlagen der Justiz und die Gesetze, welche diese anwenden sind demokratisch entstanden. Das Problem, wie mit sich widersprechenden Voten der Stimmbevölkerung umzugehen ist, wird nicht gelöst, indem man rechtsstaatliche Institutionen verunglimpft.

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